Dipl. Chem. Alfred Töpel war seit 1960 als Dozent an der Ing.-Schule für Milchwirtschaft in Halberstadt tätig. 1992 übernahm er das Ressort Ausbildung an der MLUA Oranienburg. Er ist auch Verfasser des Fach- und Lehrbuches „Chemie und Physik der Milch“.
Die butyrometrische Fettbestimmung in Milch wurde 1892 von Dr. N. Gerber entwickelt
und 1935 als Schwefelsäureverfahren gesetzlich festgelegt. In nationalen Normen
(z. B. DIN 10479) und internationalen Normen (z. B. ISO 2446) ist diese Schnellmethode
veröffentlicht.
Die Fettbestimmung nach Gerber ist ein Schnellverfahren und hat sich trotz Ein-
führung automatisierter Fettbestimmungsmethoden in den Molkereilaboratorien
bis heute behauptet. Die Vorteile des Gerber-Verfahrens gegenüber den modernen
Schnellmethoden liegen:
Nachteilig sind die Verwendung der stark ätzend wirkenden, konzentrierten Schwe-
felsäure, wodurch besondere Vorsichtsmaßnahmen zu beachten sind und die um-
weltgerechte Entsorgung der Schwefelsäureaufschluss-Flüssigkeit.
Bei der Fettbestimmung nach Gerber wird das Fett in einem speziellen Messgefäß,
dem Butyrometer, abgetrennt, volumetrisch erfasst und als Massenprozent angegeben.
Das Fett liegt in der Milch als kleine Kügelchen mit unterschiedlicher Größe von 0,1um
bis 10um Durchmesser vor. Die Fettkügelchen bilden mit der Milchflüssigkeit eine be-
ständige Emulsion. Alle Fettkügelchen sind mit einer Schutzhülle, der Fettkügelchen-
membran aus Phospholipiden, Fettkügelchenhüllenprotein und Hydratwasser, umgeben.
Die Fettkügelchenhülle verhindert das Zusammenfließen (die Koaleszenz) der Fett-
kügelchen und stabilisiert den emulgierten Zustand.
Das vollständige Abtrennen des Fettes erfordert das Zerstören der schützenden Fett-
kügelchenhülle. Das erfolgt mit konzentrierter Schwefelsäure von 90 bis 91 Masse %.
Die Schwefelsäure oxidiert und hydrolysiert die organischen Bestandteile der Fett-
kügelchenhülle, die Milcheiweißfraktionen und die Lactose. Dabei entsteht neben der
Verdünnungswärme eine hohe Reaktionswärme. Das Butyrometer erwärmt sich sehr
stark. Die Oxidationsprodukte färbendie Aufschlusslösung braun.
Das freigesetzte Fett wird anschließend durch Zentrifugieren abgetrennt, wobei ein Zu-
satz von Amylalkohol die Phasentrennung erleichtert und eine scharfe Trennlinie
zwischen Fett und Säurelösung ergibt. An der Skale des Butyrometers lässt sich der
Fettgehalt der Milch als Massengehalt in Prozent ablesen.
Das Verfahren ist anwendbar für Rohmilch und Konsummilch mit einem Fettgehalt von
0 bis 16 %, für Milch, die mit einem geeigneten Konservierungsmittel versetzt ist, sowie für
homogenisierte Milch.
Anforderungen | Gefahreneinstufung |
---|---|
| C2 R 35 S 2 - 26 -30 |
Hinweise:
Anforderungen | Gefahreneinstufung |
---|---|
| Xn R 10-20 S 24/25 VBF A II |
Hinweise:
Die Milch ist in der Probenflasche auf 20°C anzuwärmen und vorsichtig gründlich durch Stürzen durchzumischen.
Dabei soll eine homogene Verteilung des Fettes erreicht, Schaumbildung und Anbutterungserscheinungen jedoch
vermieden werden.
Milchfett ist leichter als Wasser. Es rahmt beim Stehen auf. An der Oberfläche bildet sich eine fettreichere Schicht.
Durch Rühren und vorsichtiges Stürzen lässt sich der alte Verteilungszustand wieder herstellen
Wenn sich die Rahmschicht auf diese Weise nicht gleichmäßig verteilen lässt, ist die Milch unter vorsichtigem
Umschwenken langsam auf 35°C bis 40°C zu erwärmen, bis eine homogene Verteilung des Fettes erreicht ist.
Die Milch ist dann vor dem Pipettieren auf 20°C abzukühlen.
Schaum bricht die Fettkügelchenhülle auf. Es können beim Rühren Anbutterungserscheinungen auftreten.
Das Fett lässt sich dann nicht mehr gleichmäßig verteilen. Bei 35 bis 40°C verflüssigt sich das Fett. Die Verteilung
erfolgt schneller.
Nach der Temperatureinstellung wird die Milch 3 bis 4 Minuten lang zum Entfernen der Lufteinschlüsse stehen gelassen.
Die Volumenmessgeräte sind auf 20°C geeicht. Temperaturabweichungen beeinflussen das Volumen. Lufteinschlüsse
verringern die Dichte und damit die Masse der abgemessenen Milchmenge.
Es ist eine Doppelbestimmung der gleichen Milchprobe durchzuführen
Unmittelbar nach Beendigung des Schüttelns und Stürzens werden
die noch heißen Butyrometer mit dem Stopfen nach unten in einen
Hülseneinsatz der beheizten Gerberzentrifuge eingelegt (Abb. 4),
wobei die Butyrometer genau gegenüber angeordnet sein müssen.
Zuvor sollte durch Drehen des Stopfens die Fettsäule auf die Höhe
des zu erwartenden Fettgehaltes eingestellt werden. Nach Ein-
stellen der Zentrifugierzeit an der Zentrifuge wird die Zentrifuge ge-
startet.
Nach Erreichen der Zentrifugalbeschleunigung von (350 ± 50) g,
in der Regel nach 1 Minute, ist die entsprechende Umdrehungszahl
von (1100 ± 50) pro Minute 4 Minuten lang aufrecht zu erhalten. Die
Zentrifuge muss mit einer Deckelverriegelung ausgestattet sein.
Nach Ablauf der Zentrifugierzeit wird der Rotor automatisch abge-
bremst.
Die Butyrometer werden nun ohne zu kippen aus der Zentrifuge
entnommen und mit dem Stopfen nach unten für 5 Minuten in ein
auf 65°C beheiztes Wasserbad gestellt. (Abb. 5)
Das Einhalten der Temperatur ist für die Genauigkeit der Ergebnisse
besonders wichtig. Nur das Ablesen bei 65°C gewährleistet ein
exaktes Ergebnis. Bei Temperaturunterschreitungen verringert sich
das Volumen der Fettsäule. Es wird ein zu geringer Fettgehalt ange-
zeigt.
Nach Entnahme aus dem Wasserbad ist das Butyrometer in senk-
rechter Stellung so hoch zu halten, dass sich der Meniskus der Fett-
säule in Augenhöhe befindet. Mit Hilfe des Stopfens ist die Trenn-
linie Aufschlussflüssigkeit/Fett auf einen ganzen Teilstrich der Butyro-
meterskale einzustellen und die Höhe der Fettsäule am tiefsten
Punkt des Meniskus abzulesen. Dauert das Ablesen länger, muss
das Butyrometer erneut in das Wasserbad gestellt werden.
(Abb. 6, Abb. 7)
Höhe, tritt der Parallaxen-Fehler auf.
Das Ergebnis ist auf halbe Skalenwerte, d. h. auf 0,05 % abzulesen.
Ein genaueres Ergebnis ist bei den Vollmilchbutyrometern nicht zu
erzielen. Berührt der Meniskus die Graduierungsmarke, dann gilt
das abgelesene Ergebnis (Bild 7a).
Schneidet der Meniskus die Graduierungsmarke, dann wird der
nierigere Wert angegeben (Abb. 7b).
Doppelbestimmungen dürfen nicht mehr als 0,10 % voneinander ab-
weichen, d. h. die Wiederholbarkeit beträgt 0,10 %.
in genaueres Ergebnis ist bei den Vollmilchbutyrometern nicht zu
Die Angabe des Ergebnisses muss den Zusatz„Fettgehalt nach Gerber“
enthalten. Differiert die Doppelprobe um 0,1 %, so wird der Mittel-
wert der Doppelbestimmung angegeben.
Probe 1: 4,20 % | Probe 2: 4,30 % | Ergebnis: 4,25 % Fett
Werden jedoch bei der Doppelprobe 4,20 % und 4,25 % Fett abgelesen, dann gilt nach
dem “Prinzip der Vorsicht” der niedrigere Wert 4,20 % als Untersuchungsergebnis.